Radfahren auf alten Bahntrassen im Emscher Landschaftspark: Die HUGO-Trasse
Lust auf eine Fahrradtour in Kombination mit einer Geschichtsstunde? Der facettenreiche Emscher Landschaftspark führt uns heute ins mittlere Ruhrgebiet, genau gesagt in den Gelsenkirchener Stadtteil Buer. Hier kann man viel entdecken und erleben! Vom Radfahren auf alten Bahntrassen entlang des Rhein-Herne-Kanals, über eine Erkundung der unter Denkmalschutz stehenden Siedlung Schüngelberg bis hin zur Erklimmung der Halde Rungenberg erwarten uns auf unserem heutigen Ausflugsziel. Wir freuen uns schon auf die spannende Fahrradtour und den Panoramaausblick vom Gipfel der Halde Rungenberg.
Diese Attraktionen befinden sich alle auf der Route der Industriekultur, welche auf circa 400 Kilometern zu den Perlen der Industriekultur an Emscher und Lippe führt. Viele dieser ehemaligen Industriestandorte, Panoramen, Siedlungen liegen dabei im Emscher Landschaftspark. Auf der Route der Industriekultur lassen sich 25 Ankerpunkte, Standorte des industriekulturellen Erbes, zu denen auch Halde Rungenberg und die bedeutsame Siedlung Schüngelberg gehören, besichtigen. Besonders im Ruhrgebiet gab es früher zahlreiche Bahntrassen, um die Kohle, die durch den Bergbau gefördert wurde, schnell von einem Ort zum anderen zu transportieren. Im Rahmen der Internationalen Bauaustellung (IBA) Emscher Park wurden viele der ehemaligen Bahntrassen zu attraktiven Rad- und Wanderwegen umgebaut, welche es ermöglichen Natur und Industrie hautnah auf dem Rad oder zu Fuß zu erleben. Unser heutiges Ziel ist die Hugo Trasse, in Gelsenkirchen-Buer, eine von vielen Bahntrassen in der Metropole Ruhr. Vom Rhein-Herne-Kanal bis zur ehemaligen Zeche Hugo befindet sich der charmante 4,2 km langer Bahntrassenweg, dem wir heute folgen.
Unsere Radtour beginnt am Gelsenkirchener HBF. Anschließend nehmen wir mit einem Mietfahrrad von der Metropolradruhr-Station, die Straßenbahn bis zur Hugostraße. Hier ist Vorsicht angesagt, da wir uns inmitten von Auto- und Straßenbahnverkehr befinden. Dort erwartet uns zum einen, eine 6 m hohe abgelegte Seilscheibe, die an das Bergwerk Hugo erinnern soll.
Es gibt nur wenige Straßenüberquerungen und die Strecke verläuft ansonsten grundsätzlich auf einer Trasse. Von dort aus fahren wir den Bahntrassenweg auf der Horsterstraße entlang. Es handelt sich hierbei um einen gut ausgebauten Fuß-/Radweg, der entlang der Bahntrasse ins Grüne führt. Nachdem wir eine Weile den Ausblick
ins Grüne genossen haben, erreichen wir eines der geschätzten Industriedenkmäler: das historische weiße Schrankenwärterhäuschen mit den blauen Dachziegeln.
Zusätzlich befinden sich weitere Denkmale, die an die aktive Zeit der Zeche Hugo erinnern, wie Signalflügel über Andreaskreuzen, Schienen, Loren und die Gedenkstätte vom letzten Grubenpferd der Zeche Hugo, Alex. Grubenpferde wurden damals dafür benötigt unter der Erde, die mit Kohle beladenen Loren, zu transportieren. Im Anschluss daran führt uns unsere Fahrt tiefer ins Grüne, entlang des Lanferbachs mit tiefer Kanalisierung in Spundbohlen.
Wir verlassen nun die Radstrecke und biegen in die Holthauser Straße ein, wo wir am Torhaus der Schüngelbergersiedlung halten. Hier befinden wir uns im historischem Bereich, welches das Verbindungsstück zur Rungenberg Halde bildet. Gegenwärtig handelt es sich bei der Siedlung Schüngelberg um eine „ökologische Erneuerung und neuzeitliche Ergänzung einer gartenstädtischen Arbeitersiedlung“. Diese wurde bereits 1897 errichtet und diente zu Beginn des 20. Jahrhunderts als Lebensraum der Bergarbeiter. Mit der Abschaffung des Bergbaus bietet diese nun zahlreiche Gestaltungsmöglichkeiten, zumal die Häuser seit den 70er Jahre nicht mehr als attraktiv auf dem Wohnungsmarkt galten. Im Jahre 1983 wurde die Siedlung von THS GmbH (Essen) aufgekauft und mit der Unterstützung der IBA Emscher Park und des Landes NRW, im Zeitraum von 1988-1998, neugestaltet und um neue Wohnungen erweitert. Der Schweizer Architekt Rolf Keller konstruierte zudem Treppenanlagen, Wege und Radialstraßen, die zur Halde Rungenberg führen. Radialstraßen sind Wege, die von einem bestimmten Punkt, wie hier die Halde, in gerade Linienführung nach außen verlaufen. Wir nehmen uns einen Moment, die einzigartige und vielfältige
Architektur zu bewundern. Auf unserem Weg fahren wir sowohl an reizenden alten Backsteinhäusern als auch an moderneren Wohnhäusern vorbei. Der sanierte Altbaubestand in Verbindung mit dem Neubauprojekt harmonieren wunderbar im Einklang miteinander.
Am Fuße der Halde Rungenberg angekommen, können wir es uns nicht entgehen lassen diese zu besteigen. Die Halde Rungenberg entstand beim Bergbau durch den Abbau der Zeche Hugo, welcher zu einem künstlichen Berg aufgeschüttet wurde. Während wir uns umsehen, treffen wir einen netten Spaziergänger, der uns berichtet, dass man die Halden auch die „Berge des Ruhrgebiets“ nennt. Die ca. 56 ha Grundfläche umfassende Halde Rungenberg erhebt sich 60m über dem Umland in die Höhe und gehört zu den höchsten Halden im Ruhrgebiet. Des Weiteren ist die Halde bogenförmig zwischen ehemaligen Schachtanlagen Zeche Hugo I/IV und Hugo II/IV und an der Siedlung Schüngelberg gelegen. Als Besucher hat man die Möglichkeit, die Halde auf dem Rad hinaufzufahren oder auch hinaufzulaufen. Wenn es aber etwas schneller gehen soll, kann auch die Treppe, die ca. um die 300 Stufen umfasst, genutzt werden. Mit einer Leichtigkeit fahren wir die Strecke hinauf, da die Wege um die Halde herum, angeglichen wurden. Die Halde selbst ist mit Gras, kleineren Bäumen und einigen Sträuchern bewachsen. Oben angekommen werden wir mit einem
phänomenalen Ausblick belohnt. Man hat Blick über die gesamte Siedlung Schüngelberg, auf die Veltins Arena, auf den dreibeinigen Förderturm, sowie auf die restliche, hügelige Industrielandschaft. Zudem hat man einen perfekten Blick auf die 22 ha Grünanlage des ehemaligen Zechengeländes, auf denen sich Kohlenmischhalle, Eisenbahnverladung etc. befanden. Die Fläche wird nun als Parkanlage zur Erholung und als regenerative Energiegewinnung genutzt. Im Biomassenpark Hugo ist eine 10 ha große Fläche, die mit schnellwachsendem Gehölze bepflanzt wird. Diese werden geerntet und zur Stromerzeugung verbrannt werden.
Neben den atemberaubenden Panoramaausblick, gibt es auf dem Gipfel noch eine weitere Attraktion. Auf dem Aussichtspunkt bewundern wir die Landmarke „Nachtzeichen“, welche eine Lichtinstallation ist, die in der Dunkelheit besonders gut zur Geltung kommt. Auf zwei Anhäufungen befinden sich zwei Lichtstrahler, die zueinander gerichtet sind. In der Nacht kreuzen sich beide Lichtstrahler und bilden visuell eine große Pyramide.
Diese soll einen Wegführer beziehungsweise einen Orientierungspunkt für Reisende der Ruhr Metropole symbolisieren.
Schließlich verlassen wir die Halde Rungenberg, aber der Ausflug endet noch lange nicht, denn die Fahrradtour kann man noch mit vielen weiteren Aktivitäten kombinieren und zum unvergesslichen Erlebnis machen. Wir lassen die Fahrradtour am Hafen Bismarck ausklingen und gehen an der Hafenpromenade spazieren. Doch neben unserer Tour gibt es noch viel Weiteres zu entdecken, wie beispielsweise den künstlerisch gestalteten Gas-Speicher, welcher sich südlich der Kanalbrücke Uechtigstraße am Rhein-Herne-Kanal befindet. Es handelt sich hierbei um eine riesige, blau angestrichene Kugel, besät mit gelben Punkten. Für Schalke-Fans ist ein Besuch der Veltins Arena oder des Schalke Museums ein Muss. Die Tierliebhaber unter uns sollten auf jeden Fall in der Zoom-Erlebniswelt vorbei schauen. Alle die noch mehr über die Zeche Hugo erfahren möchten, sollten ,,Das kleine Museum“ keineswegs umgehen. Dieses befindet sich direkt neben dem Denkmal Förderturm, in der restaurierten Siedlung Schüngelberg.